SD Croatia 3 - 4 SV Tasmania Berlin

5. April 2017 - 19:30 Uhr - Friedrich-Ebert-Stadion
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Tas gewinnt „Jahrhundertspiel“ in Tempelhof

Sieg im Nachholspiel beim Tabellennachbarn +++ Intensives Spiel von Anfang bis Ende +++ Tas erkämpft den Sieg trotz Unterzahl +++ Dramatisches Finale mit vier Toren in der Schlussphase +++ Rogoli mit zwei Traumtoren,  Samardžić mit dem Siegtreffer in der Nachspielzeit +++ Tas rückt in der Tabelle auf Rang 3 vor

Spielbericht: Vittorio Kowalski

Turm in der Schlacht: Nemanja Samardžić (M.) ließ wie in dieser Szene hinten nicht nur nichts anbrennen – er gab dem Ball in der Nachspielzeit auch den „ultimativen Kick“ zum 4:3-Sieg. Foto: SV Tasmania/E. S. Nickel

 

Okay, zugegeben, der Vergleich ist etwas hoch gegriffen. Vielleicht auch deutlich zu hoch gegriffen. Schließlich handelte es sich bei dem „Jahrhundertspiel“ immerhin um ein WM-Halbfinale, nicht um ein schnödes Berlin-Liga-Nachholspiel. Aber es gibt auch einige Parallelen, als da wären: der intensive Kampf über die komplette Spielzeit, die höchst dramatische Schlussphase und nicht zuletzt auch das Ergebnis von 4:3, mit dem die Tasmanen am Mittwochabend in Tempelhof die Kroaten besiegten, so wie die Italiener die Deutschen anno 1970 in Mexiko. Und wohl niemand, der/die bei einem der beiden Spiele dabei war, wird es so bald vergessen…

Frühe Führung – schneller Ausgleich

Aber der Reihe nach: Das Spiel Dritter gegen Vierter, die vor dem Anpfiff nur ein Punkt in der Tabelle trennte, nahm vom Anpfiff weg ordentlich Fahrt auf. Kein langes Abtasten, kein großes Taktieren, es ging gleich zur Sache auf dem engen Kunstrasenplatz der Friedrich-Ebert-Sportanlage an der Bosestraße. Und Tas erwischte dabei einen Start nach Maß: Einen abgefangenen Ball schoss Torhüter Robert Schelenz gedankenschnell aus dem eigenen Strafraum über den ganzen Platz nach vorne, wo Salvatore Rogoli ihn etwas glücklich mit dem Rücken mitnahm und sofort mit links aus etwa 20 Metern über den verdutzten Torwart von Croatia hinweg zum 1:0 einnetzte (6.).

Lange ausruhen konnte sich Tas auf dieser Führung jedoch nicht, denn Croatia drängte sofort auf den Ausgleich, der ihnen nach kurzer Zeit auch gelingen sollte. Der stets für Unruhe in der Tas-Defensive sorgende Damantang Camara drang von Innenverteidiger Nemanja Samardžić bedrängt in den Strafraum, ging dabei zu Boden und der Schiedsrichter gab Strafstoß. Diesen verschoss der Gefoulte zwar, doch Alianni Urgelles Montoya konnte den von Schelenz in die Mitte abgewehrten Ball im Nachschuss zum 1:1 im Tas-Tor unterbringen (15.).

Kurz nach diesem Ausgleich wäre Croatia sogar beinahe in Führung gegangen, als Camara bei einem Sprungduell vor Schelenz am Ball war, diesen aber nur neben das Tor setzen konnte. Dennoch übernahm Tasmania in dieser durchweg hektischen und hart geführten, aber nicht unfairen Partie nach etwa einer halben Stunde das Kommando. Das Spiel verlagerte sich zusehends in die Hälfte von Croatia, während die Vorstöße der Tempelhofer immer seltener wurden. Ein Tor sprang dabei in der ersten Halbzeit allerdings nicht mehr heraus, auch weil der Schiedsrichter bei einem vermeintlichen Treffer von Vahit Engin ein absichtliches Handspiel des Tas-Stürmers gesehen hatte.

Engin trifft und fliegt

Wieder im Mittelpunkt (I): Vahit Engin

So ging es nach unterhaltsamen 45 Minuten durchaus leistungsgerecht mit 1:1 in die Pause. Doch es war geradezu spürbar, dass in der zweiten Halbzeit noch einiges mehr folgen sollte, so wie sich die beiden Mannschaften schon in der ersten beharkt hatten. Und das Ende der ersten Halbzeit stimmte die Tas-Anhänger bei dieser Aussicht durchaus hoffnungsvoll.

Tatsächlich ging die zweite Halbzeit so los wie die erste aufgehört hatte: Tas am Drücker und Croatia mehr und mehr im Rückwärtsgang. Nach einer ersten gefährlichen Torannäherung von Rogoli kurz zuvor war es in der 58. Minute dann endlich soweit: nach einem der wenigen gelungenen Spielzüge über mehrere Stationen in die Spitze landete der Ball über Mehmet Okan Kirli und Yildirim Tokmak auf der rechten Seite bei Florian Medrane. Der flankte punktgenau auf den in der Mitte lauernden Engin, der aus 5 Metern locker ins linke Eck köpfte: 2:1 für Tas!

Doch das richtige Drama sollte jetzt erst beginnen…

Los ging es dabei in der 60. Minute mit einer (erneut) äußerst zweifelhaften Schiedsrichterentscheidung: nach einem harmlosen Foul von Engin an der Seitenlinie im Mittelfeld zückte der „Unparteiische“ zum zweiten mal Gelb – in der Summe Platzverweis. Eine vollkommen überzogene Entscheidung, denn abgesehen von der Harmlosigkeit dieses Fouls, das keine Gelbe Karte rechtfertigte, war dies nach dem – vermeintlich – absichtlichen Handspiel in der ersten Halbzeit das erste Vergehen, das sich der Tas-Stürmer überhaupt an diesem Abend leistete. Entsprechend schwer tat sich Engin damit, diese Entscheidung zu akzeptieren.

Aber alles Lamentieren nützte natürlich nichts: Jetzt musste sich Tas auf eine halbe Stunde Abwehrschlacht in Unterzahl einstellen. Und das klappte anfangs noch nicht so gut –  nachdem Samardžić wegrutschte, war Camara plötzlich frei durch, aber Montoya konnte sein Abspiel nur an den Innenpfosten und den Nachschuss lediglich über das Tor setzen. Doch nach dieser Schrecksekunde stellte sich die Abwehr besser auf die nun immer wieder lang in den Strafraum fliegenden Bälle ein und schaffte es, die nun wütend anrennenden Kroaten weitestgehend vom eigenen Tor fernzuhalten.

Rogolis Traumtor zum 3:1 reicht nicht – vorerst

Wieder im Mittelpunkt (II): Salvatore Rogoli

Noch dazu gelang es hin und wieder, über eigene Vorstöße die eigene Defensive zu entlasten. Und einer dieser Entlastungsangriffe sollte in der 81. Minute sogar zum schönsten Tor des Abends führen. Einen langen Ball verlängerte Mehmet Okan Kirli per Kopf auf Rogoli, der ihn direkt aus halblinker Position per Seitfallzieher in den rechten Winkel des Croatia-Tores schweißte – ein absolutes Traumtor zum 3:1!

Der Jubel auf den Rängen war groß – doch es war auch klar, dass hier in Unterzahl und mit noch zehn zu spielenden Minuten noch nichts entschieden war. Die restliche Spielzeit musste jetzt ebenso konzentriert absolviert werden wie die 80 Minuten vorher. Doch leider setzte hier mal wieder der berüchtigte Tas-Schlendrian ein: wohl im Gefühl des sicheren Sieges leistete sich die Tas-Defensive einige Unachtsamkeiten. Zweimal innerhalb von kurzer Zeit tauchte so ein Kroate – erst Christopher Jeckl in der 84., dann Simon Marko in der 87. Minute – frei vor Robert Schelenz auf, und beide Male ließen sich die Croatia-Stürmer die Chance nicht entgehen.

So stand es kurz vor Schluss – nach all den Widrigkeiten, denen Tas getrotzt hatte, und dem aufopferungsvollen Kampf, den Tas geboten hatte – plötzlich nur noch 3:3! Sollte das alles vergeblich gewesen sein?! Zudem stand ja zu befürchten, dass Croatia jetzt richtig Morgenluft wittern und versuchen würde, sogar alle drei Punkte in Tempelhof zu behalten. Denn ein Punkt brächte natürlich keinen der beiden Tabellennachbarn wirklich weiter. Doch die Kroaten schienen – trotz Überzahl – mit dem Punkt nun zufrieden zu sein und setzten nicht mehr alles auf Sieg.

Tas drängt in Unterzahl – 4:3!

Stattdessen gaben sich nun die Tasmanen nicht mit der Punkteteilung zufrieden und warfen auch zu zehnt noch mal alles nach vorne – und sie sollten tatsächlich noch dafür belohnt werden. In der 93. Minute segelte ein Freistoß von Rogoli in den Strafraum der Kroaten und eine Traube aus fünf bis sechs Spielern – inkl. des Croatia-Keepers – ging gleichzeitig zum Ball. Erreicht hat ihn aber nur der aufgerückte Samardžić, der ihn per Kopf irgendwie ins Tor beförderte. 4:3! Unglaublich! Der Jubel auf den Rängen und beim Team kannte keine Grenzen und wenige Momente nach dem Wiederanpfiff pfiff der Schiedsrichter das Spiel endgültig ab.

Was für ein Spiel!

Ja, auch für diesen Sieg gibt es nur drei Punkte (um mal eine abgedroschene Plattitüde zu bemühen) und der Rückstand auf den Tabellenführer aus Staaken beträgt noch immer sieben Punkte, auch wenn Tas in der Tabelle nun an Croatia vorbei auf Platz 3 vorrücken konnte. Aber es würde diesem Spiel nicht gerecht werden, wenn man es nur nach seinen nackten Zahlen und ihrer Bedeutung für die Tabellenkonstellation beurteilen würde. Dazu war es zu dramatisch, zu nervenaufreibend, zu ekstatisch – einfach zu geil! Und auch wenn das Jahrhundert hoffentlich noch ein paar mehr solcher Tas-Spiele für uns bereithält (so alt ist es ja auch noch nicht), war dieses Spiel mit Sicherheit eins, an das sich alle, die dabei waren, noch lange erinnern werden – inklusive der Anwohner ringsum den Platz, die bis 21:30 Uhr zuverlässig von den wie immer lautstarken Tas-Fans beschallt wurden.

Zur kompletten Fotogalerie von Estella Shaina Nickel

SV Tasmania: Schelenz – Tiedmann, Samardžić, Loder, Schmidt – Tokmak, Penava – Medrane (85. Karasu), Rogoli, Kirli – Engin.
Tore: 0:1 Rogoli (6.), 1:1 Montoya (15.), 1:2 Engin (58.), 1:3 Rogoli (81.), 2:3 Jeckl (84.), 3:3 Marko (87.), 3:4 Samardžić (93.).
Zuschauer: ?

Nächstes Spiel: Sonntag, 9. April, um 11 Uhr bei der DJK Schwarz-Weiss Neukölln im Stadion Britz-Süd (Buckower Damm 13, 12349 Berlin).