BSV Al-Dersimspor 0 - 4 SV Tasmania Berlin

25. November 2018 - 15:00 Uhr - Lilli-Henoch-Sportplatz (Anhalter Bahnhof)
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Tasmania belohnt sich spät

Kein Tor: kaum zu glauben, aber Hartwigs Schuss landet hier am Pfosten – später sollte Tas dann aber weniger Pech vor dem gegnerischen Gehäuse haben (Foto: SV Tasmania/E. S. Nickel)

Starker Auftritt: 4:0-Sieg bei Al-Dersimspor – Chancenverwertung anfangs allerdings zum Haareraufen – Tiedmann trifft zur Pausenführung – Loder, Demir und Thiele sorgen für Endergebnis – Jetzt wieder auf Platz 3 – Nächsten Sonntag: das „Neukölln-Derby“

Dass der Lilli-Henoch-Sportplatz ein heißes Pflaster sein kann, musste die Mannschaft des SV Tasmania erst im Februar dieses Jahres feststellen. Zwar hat die Anlage bereits ein Jahr vor Austragung der Blindenfußball-WM 2017 einen neuen Kunstrasenbelag bekommen und ist dadurch weitaus besser bespielbar als zuvor, die engen Maße des Spielfelds haben sich allerdings natürlich nicht geändert. Und so kommen diese einem Team wie dem dort beheimateten BSV Al-Dersimspor zu Gute, das am Anhalter Bahnhof schon vielen spielstarken Gegnern mit seinem giftigen Forechecking einen unangenehmen Nachmittag beschert hat. Einer davon – siehe oben – endete mit einem 2:2 Tasmanias bei frostigen Bedingungen und der eisigen Dusche eines Ausgleichstors durch die Gastgeber in buchstäblich letzter Sekunde. Kühl sollte es auch diesmal wieder werden – und diejenigen unter den Tasmania-Fans, die sich fragten, warum es zu den Spielen bei Al-Dersimspor immer so „a…kalt“ sein muss, lagen vom Gefühl her ganz richtig: seit dem Aufstieg der Kreuzberger traf man im Schatten des Tempodroms mit beachtlicher Konsequenz entweder im Februar (2016 1:2, 2018 2:2) oder im ebenso kuscheligen November (2016, 0:4) aufeinander. Nun also war nach dem Gesetz der Serie eben wieder der Spätherbst dran.

Erst Doppel-Alu, dann Tiedmanns Tor

Mit links: Damian Tiedmann

Tasmania schien dabei zumindest insofern das Pokal-Aus vom Oktober gut getan zu haben, als dass die Mannschaft von Trainer Tim Jauer nach dem vergangenen spielfreien Wochenende von Beginn an richtig heiß auf Kicken zu sein schien. Allerdings sollten im totalen Kontrast dazu schon die ersten fünf Minuten auf extreme Art und Weise deutlich machen, dass die Neuköllner an diesem Nachmittag vor dem Tor des Gegners Probleme mit dem Ertrag bekommen könnten. Romario Hartwig – im Februar noch doppelter Torschütze an selber Stelle – tauchte dabei zweimal frei vor dem gegnerischen Gehäuse auf, setzte den Ball aber erst an den Innenpfosten (2.), dann ein weiteres Mal an den Pfosten (5.) – wobei Felix Robrecht in der zweiten Szene aus ebenfalls noch aussichtsreicher Position obendrein den Abpraller nicht mehr für einen vernünftigen Nachschuss unter Kontrolle bekam.

Tasmania ließ den Ball dennoch unbeirrt weiter laufen, die Versuche von Emre Demir (11.) und Mehmet Okan Kirli (24.) wurden aber abgeblockt. Letzterer stand dabei allerdings in Abseitsposition – im Gegensatz zu Kiminu Mayoungou, der aus spitzem Winkel nur das Außennetz traf (20.). So blieben Feldüberlegenheit und Chancenplus zunächst noch ohne Auswirkung auf den Spielstand. Die Mannschaft des BSV Al-Dersimspor, mit personellen Problemen und seit fünf Partien ohne Erfolgserlebnis, ließ gegen die – allerdings oft wirklich glänzend kombinierenden – Tasmanen zum Teil aber auch die gewohnte letzte Galligkeit vermissen. Dazu musste Abwehrspieler Moussa bereits nach einer knappen halben Stunde ausgewechselt werden, als er sich bei einem Konter in einen Zweikampf mit dem davon eilenden Hartwig stürzte und dabei den Ball nicht nur mit der Hand spielte, sondern sich auch derart verletzte, dass er nicht mehr weiterspielen konnte. Immerhin blieb ihm auf diese Weise die Gelbe Karte durch den Unparteiischen erspart – ob aus Mitleid oder Vergesslichkeit, war auch auf Nachfrage aus dem Gästebereich beim Assistenten nicht in Erfahrung zu bringen.

1 Assist, 1 Tor: Julian Loder

Kurz darauf folgte der vermeintliche Dosenöffner für Tas: nach einer Ecke bekam Al-Dersim den Ball nicht entscheidend geklärt, sodass der aufgerückte Julian Loder den Ball schließlich mit Auge zurück auf den an der Strafraumgrenze lauernden Damian Tiedmann ablegte, der mit seinem starken linken Fuß zur 1:0-Führung flach ins rechte Eck traf. Eine besonders bittere Note bekam das Tor für die Gastgeber, weil der gerade erst eingewechselte Balci den Schuss noch leicht abgefälscht hatte – der an diesem Nachmittag gut aufgelegte Soysal zwischen den Pfosten der Kreuzberger hätte allerdings auch ohne diese Tatsache Probleme gehabt zu reagieren, da ihm allein schon die Sicht arg versperrt war.

Bis zur Pause wurden nun zwei Trends erkennbar, mit denen der neutrale Zuschauer wohl eher nicht gerechnet hätte. Zum Einen ging trotz Tiedmanns Tor bei Tasmania immer noch nicht vor dem gegnerischen Kasten der Korken aus der Flasche: bei einem aussichtsreichen Konter verzettelte man sich (39.), dann verfehlte ein Demir-Freistoß sein Ziel (43.) und Mayoungou konnte Soysal frei stehend nicht überwinden (44.). Zum anderen litt die Defensive der Blau-Weiß-Roten plötzlich kurzzeitig unter Problemen, die Al-Dersimspor bei einer dicken Chance fast zu dem nach dem Spielverlauf zwar grotesk anmutenden, aber eben aufgrund Tasmanias mangelnder Chancenverwertung nicht unmöglichen Ausgleich verhalf – Torwart Robert Schelenz wusste diesen allerdings zu verhindern (38.). Interessante Randnotiz: Trainer Jauer wechselte noch in der Schlussminute der ersten Halbzeit den bereits verwarnten Aramis Babaev gegen Fabio Engelhardt aus.

Schelenz stark, Loder wird belohnt

Rückhalt: Robert Schelenz

Somit war zur Pause also noch nichts entschieden, was vielleicht schon entschieden hätte sein können – aber auch der erste Warnschuss eines möglichen Ausgleichs wurde glimpflich überstanden. Nur drei Minuten waren im zweiten Durchgang absolviert, als sich jedoch dieses Schreckensszenario aus Neuköllner Sicht zum zweiten Mal in diesem Spiel jäh anbahnte. Die Tas-Defensive hatte sich nicht aus einem Angriff des Gegners befreien können und plötzlich kam dieser aus vielleicht acht Metern frei zum Schuss – doch ebenso nicht ganz erklärbar, wie die Situation überhaupt entstehen konnte, tauchte Schelenz aus Zuschauersicht nach links unten ab und kratzte den Ball aus der Ecke seines Tores. Im Gegenzug noch keine Erlösung für Tas und seinen Anhang, als Al-Dersimspors Torwart eine hohe Flanke wegfingern konnte und Nicola Thiele im Nachsetzen den Schlussmann anschoss (49.). Auch Loder konnte mit seinem Kopfball nach Thiele-Flanke keinen Erfolg erzielen (53.) – noch.

Denn sechzig Sekunden später wurde der Verteidiger belohnt, als er bei einem schnellen Umschaltspiel mit starkem Antritt den Weg in die Spitze auf sich nahm. Über Hartwig und erneut Thiele – der diesmal mit dem rechten Außenrist die flache Eingabe wählte – verfehlte der Ball zwar nämlich um Zentimeter den Fuß des hereinrutschenden Loder, dafür traf ihn aber ein herbeigeeilter Verteidiger, dessen Abwehrversuch erst am Bein unserer Nummer 26 und von dort schließlich und endlich zum 0:2 im Tor von Al-Dersimspor landete (54.). Zwei Treffer also, bei denen der Kontrahent nicht unmaßgeblich beteiligt war. Für Tasmania galt vor dem Tor bis dahin also: erst hatten wir Pech, dann kam das Glück dazu – und Julian Loder, der das eine Mal ablegte bzw. das andere Mal mitlief und grätschte. Eine gewisse Erleichterung beim Tasmania-Anhang war nun ob des 0:2 zu verspüren – wenn auch die Hausherren sich nicht aufgaben und bei der eigenen Mannschaft der Knoten bezüglich der Chancenverwertung beileibe immer noch nicht geplatzt war. Nur ein Auszug vom Notizzettel ohne Anspruch auf Vollständigkeit: Yildirim Tokmak scheiterte mit einem Distanzschuss an Soysal (65.), Tiedmanns Versuch wurde abgeblockt (74.), Hartwig traf den Ball nicht richtig (78.) und ein Demir-Freistoß ging flach links am Tor vorbei (80.).

Lenker und Torschütze: Emre Demir

Der Ball lief dabei ungebrochen tadellos durch die Reihen und am Ende wurde der an diesem Nachmittag offenbar mürrische Fußballgott, der sich trotz der Spielfreude Tasmanias bis dato nur zu zwei abgefälschten Treffern hatte nötigen lassen, einfach auch noch ausgetanzt. Man sehe sich nur mal den Spielzug zum 0:3 auf Video im Internet an – ein Genuss, der selbst notorische Facebook-Muffel zumindest an das Anlegen eines Fake-Accounts denken lassen sollte. Für gänzlich vom Netz Abgeschnittene hier aber mal die Notierung: über Tiedmann, Thiele, Mayoungou, wieder Thiele und Loder landet der Ball bei Demir im Mittelkreis. Der großartig aufgelegte Techniker zieht los, kriegt den Doppelpass mit Tiedmann zurück, guckt den Tormann aus und schiebt den Ball ins leere Tor – großes Kino. Und der nächste Treffer ließ nicht lange auf sich warten – in der Entstehung so ein bisschen wie der „kleine Bruder“ des 0:3. Mayoungou nimmt seinem anstürmenden Gegenspieler in der eigenen Hälfte resolut die Kugel ab, übergibt an Felix Robrecht, der das Spiel auf die rechte Seite zu Kirli verlagert. Anschließend nimmt Demir mit dem Ball den Umweg über die hinterste Position in Kauf, setzt wieder Kirli in Szene, der sich Zeit für seine nächste Entscheidung nimmt und schließlich wieder Demir blank und jetzt in der gegnerischen Hälfte findet. Der Torschütze des 0:3 nimmt Fahrt auf, zieht mehrere Gegner auf sich und spielt dann auf links zum freien Thiele, der sich für seinen nimmermüden Auftritt mit dem platzierten Treffer ins lange Eck zum 0:4 belohnt.

Damit war die Partie endgültig gelaufen, die lange Zeit mit der Entscheidung auf sich warten ließ und mit etwas weniger Glück vielleicht zwischenzeitlich auch eine ungute Wendung aus Sicht Tasmanias hätte nehmen können. Am Ende jedoch stimmte die Neuköllner „Aufwand-Ertrag-Rechnung“ dann wieder halbwegs – aber viel besser noch: das Spiel der Mannschaft war richtig gut anzusehen. Auf die Partie folgt nun – wie übrigens auch nach dem 2:2 im Februar bei Al-Dersim – das „Derby daheim“: seinerzeit gewann Tasmania durch einen Dreierpack von Tiedmann mit 3:2 gegen Rudow. Da kann es diesmal also nur heißen: da capo, Damian – der TSV kann kommen…!

Spielbericht: Arch Stanton
Fotos (4): SV Tasmania/Schikowski(3) bzw. Nickelé (1)
Zur kompletten Fotogalerie von Estella Shaina Nickel

Tasmania: Schelenz – Babaev (45. Engelhardt), Loder, Mayoungou, Tiedmann – Robrecht, Tokmak – Kirli, Demir, Thiele (84. Hassane) – Hartwig (84. Coskun).
Tore: 0:1 Tiedmann (31.), 0:2 Loder (54.), 0:3 Demir (81.), 0:4 Thiele (83.).
Zuschauer: 70 auf dem Lilli-Henoch-Sportplatz

Nächstes Spiel: Sonntag, 02.12. (14 Uhr), gegen den TSV Rudow im Werner-Seelenbinder-Sportpark